Erschwingliche Schweiz

Plakatausstellung Wengen

Poster 36 - 40

Während eine Minderheit von Landsleuten vor dem Zweiten Weltkrieg Bergsportkulturen und Ferien etabliert hatte, setzt der Begriff «Ferien» die freie Zeit und die finanziellen Mittel der Arbeiter voraus. Im Jahr 1940 rief der Schweizer Verkehrsminister Enrico Celio die Nation dazu auf: «Macht Ferien! Schafft Arbeit! Mit Feriengutscheinen».  Auf diese Weise sollten die kommerziellen Marketingstrategien und damit auch die Plakate ein breites Spektrum von Bevölkerungsgruppen ansprechen. Sie warben für Schweizer Bergferien, die für alle erschwinglich waren.

Bereits 1934 produzierte die Werbeabteilung der SBB (Schweizerische Bundesbahnen) Plakate von Skifahrern mit Angeboten wie «Sonderermäßigung auf Schweizer Fahrkarten: Schweizer Skischulen überall». 1935 warb die Bauindustrie an einer Basler Messe für «Land- und Ferienhäuser; einfaches Bauen und Wohnen für Wochenendferien und Alltag».

Auch private Reiseunternehmen, die organisierte Reisen anboten, waren aktiv. Die 1935 gegründete Firma Hotelplan lancierte 1938 eine Marketingkampagne, indem sie eine eigene Lösung für die Auslastung der Schweizer Bergdörfer anbot - den Pauschalurlaub. Das Plakat «Hopla Ferien, Feriengenuss im Überfluss» von 1938 sollte Singles, Paare und Familien zu Ferien ohne versteckte Kosten verlocken. Bis 1939 schlossen sich mehr als 800 Hotels und Bahngesellschaften Hotelplan an.

In den 1960er Jahren lösten Werbekampagnen im Stil der Corporate Identity die Bilder von Künstlern und Designern ab, die durch die innovativen Partnerschaften der nationalen und lokalen Reisebüros entstanden. Swissair und SBB läuteten Kampagnen mit globaler Reichweite ein, die wiederum ihre eigene Krise mit sich brachten ... «denn der Massentourismus zerstört genau das, was er uns zeigen und erbleben lassen will: Qualitäten wie Seelenfrieden, Trost, unverfälschte Kulturen und Landschaften, Berge, Skipisten, Wildnis und Urwald».1

Diese neue Ära der Plakate stützte sich auf einfache Markenbotschaften (z.B. «Top of Europe»), mit hochauflösenden Fotos und Logos der Reiseziele.

1Tourism, technology and competitive strategies, Poon, A. Wallingford, Oxon, UK, 1993

Poster 36: Tennis Tourist Center

1935
Künstler: Walter Numa (Walter Rickenbacher) (CH, 1902-1973)
Titel: Ausstellung Land und Ferienhaus: Einfaches Bauen und Wohnen
für Wochenendferien und Alltag
Druck: Graph. Anstalt W. Wassermann, Basel
128 x 90,5 cm

Viele Schweizerinnen und Schweizer sehnten sich nach einem eigenen Zweitwohnsitz in den Bergsport- und Kurorten. Walter Numa entwarf 1935 ein Plakat für eine Handelsmesse im Basler Kongresszentrum «Land- und Ferienhäuser: Einfaches Bauen und Wohnen für Wochenendferien und Alltag». Das Bild eines stilisierten Menschen mit einfachen Strichzeichnungen für Herz und Lunge ist im minimalistisch-reduzierten Stil gehalten, der nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend mit dem «Swiss Style» assoziiert wird.

Informationen zum Künstler:
Walter Numa wurde 1902 als Walter Rickenbacher in Basel geboren. Er war Grafiker, Maler und Ausstellungsgestalter und schuf Plakate, Wandteppiche und Glasbilder. Von 1918 bis 1920 absolvierte er eine Lehre, während der er Abendkurse an der Allgemeinen Gewerbeschule in Basel besuchte. 1924 liess sich Numa in Paris nieder und lebte dort als freischaffender Designer und Maler. Er arbeitete vor allem an Ausstellungsdesigns, unter anderem für die Weltausstellung 1937 in Paris, die Weltausstellung 1939 in New York und die Schweizerischen Landesausstellungen 1939 und 1964. 1938 gehörte Numa zu den Mitbegründern des Verbandes Schweizerischer Grafiker und blieb viele Jahre lang in dessen Vorstand aktiv. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs kehrte Numa in die Schweiz zurück und lebte fortan in Basel. Er arbeitete als freiberuflicher Berater und Mitarbeiter für die J. R. Geigy AG und für Ciba, deren aufgeschlossene Unternehmenskultur in diesen Jahren – durch die Einstellung vieler progressiver Designer – den Weg für eine formale Sprache der Moderne ebnete.

Poster 37: Tennis Tourist Center

1938
Künstler: Alex Walter Diggelmann (CH, 1902-1987)
Titel: Hopla Ferien, Feriengenuss im Überfluss
Im Auftrag von: Genossenschaft Hotelplan, Zürich
Druck: Conzett und Huber, Zürich
128 x 90,5 cm

Genossenschaftliche Unternehmen sollten die Lücke füllen, die der Erste Weltkrieg in der Schweiz hinterlassen hatte. Im März 1935 schlug der deutsche Reiseexperte Rudolf Nehring dem Gründer der Migros-Genossenschaft, Gottlieb Duttweiler, vor, den Tourismus in der Schweiz mit Pauschalreisen zu beleben. Die Schweizer Tourismusbranche befand sich aufgrund stark rückläufiger Besucherzahlen und überhöhter Preise in einer existenziellen Krise. Duttweiler setzte die Idee schnell in die Tat um und gründete am 29. April 1935 die Genossenschaft Hotelplan, an der die Migros und Tourismusunternehmen beteiligt waren. Mit günstigen Pauschalangeboten (z.B. Lugano, eine Woche für 65 Franken) sollten sich erstmals auch Menschen mit beschränkten finanziellen Mitteln Ferien leisten können.

Bis 1937 verreisen 25'762 Schweizer und 47'969 Ausländer mit Hotelplan. Und bis 1939 schlossen sich mehr als 800 Hotels und Bahnen an. Der Zweite Weltkrieg unterbricht die stürmische Entwicklung abrupt und Hotelplan schrumpft vorübergehend auf ein kleines Reisebüro für Inlandsreisen, erholt sich aber nach dem Krieg wieder.

Informationen zum Künstler:
Alex Walter Diggelmann wurde 1902 in Unterseen, Interlaken, geboren und absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Primarlehrer in Hofwil. Während drei Jahren unterrichtete er in Unterseen. Seine künstlerische Begabung führte ihn an die Kunstgewerbeschule in Bern. 1926 zog Diggelmann nach Paris und setzte seine Studien an der Académie Colarossi und der Académie Julian fort. Im Jahr 1927 wechselte er an die Hochschule für Buchkunst und Graphik in Leipzig. Nach dieser Ausbildung arbeitete er über zwölf Jahre lang als freischaffender Grafiker in Zürich und unterrichtete anschließend von 1938 bis 1967 Zeichnen.

Diggelmanns grafische Arbeiten betrafen vor allem die Sport- und Verkehrswerbung. Neben Plakaten entwarf er auch Wappen, Medaillen, Briefmarken und Wandgemälde. Seine Sportplakate gewannen Medaillen in den Kunstwettbewerben der Olympischen Spiele: Die Goldmedaille in Berlin 1936 und die Silber- und Bronzemedaille in London 1948.

Poster 38: Tennis Tourist Center

1940
Künstler: Hans Thöni (CH, 1906-1980)
Titel: Endecke die Heimat auf's neue mit dem Ferienabonnement!
Im Auftrag von: Publizitätsdienst der SBB, Bern
Druck: J. C. Müller AG, Zürich
90 x 127,5 cm

1940 sind die ausländischen Gäste weg, Hotels und Bahnen stehen fast leer oder sind ganz stillgelegt. Der Rückschlag sei «geradezu katastrophal», stellt eine Tourismusbahn im Berner Oberland fest. Das klingt eher wie ein Spiegelbild der jüngsten Covid-Zeit, wurde aber 1940 in einem Geschäftsbericht geschrieben!

Deshalb reagieren die Schweizerischen Bundesbahnen auf die drohende Wirtschaftskrise, indem sie die Initiative der Regierung, das Reisen für Familien erschwinglicher zu machen, aktiv unterstützen, indem sie reduzierte Preise anbieten: «Endecke die Heimat auf's Neue mit dem Ferienabonnement!»

Diese schöne Illustration ist voll von ikonografischen Schweizer Stereotypen. Die Farben sind klar, hell und fröhlich und zeigen einen Schweizer Bauern mit seinem Vieh und seinen Käsereigeräten, der eine Landstraße entlang wandert. Es ist ein Appell, die ländliche Kultur und die Natur wiederzuentdecken und verbindet den Respekt vor denjenigen, die diese Werte gelebt haben, mit einer Einladung zum Mitmachen.

Informationen zum Künstler:
Hans Thöni, geboren 1906 in Wengen, war ein Designer, der an der Kunstgewerbeschule in Zürich studierte und sich vier Jahre lang in Paris weiterbildete, bevor er sein Atelier in Bern eröffnete. Als freischaffender Grafiker arbeitete er als Illustrator, Briefmarken- und Ausstellungsgestalter und war Mitglied des Schweizer Grafikerverbandes. Sein wichtigster Beitrag zur Plakatkunst war eine Serie für die Schweizerische Bundesbahn, bei der er mit Fotomontage und Collage experimentierte.

Poster 39: Tennis Tourist Center

1940
Künstler: Hans Erni (CH, 1909-2015)
Titel: Mit dem Ferienabonnement durchs helvetische Land
Im Auftrag von: Publizitätsdienst der SBB, Bern
Druck: Graphische Anstalt J. E. Wolfensberger AG, Zürich
129 x 91 cm

«Mit dem Ferienabonnement durchs helvetische Land». Das schön gestaltete Plakat mit einer Anspielung auf den Surrealismus zeigt ein Land voller Schönheit und Tradition. Im Vordergrund sind Wildblumen zu sehen, im Mittelgrund Kühe, die sich vor einem Bauernhaus ausruhen, und drei Männer, die mit Schindeln das traditionelle Hornussenspiel spielen, auch Bauerngolf genannt. Im Hintergrund die allgegenwärtigen Schweizer Alpen, das ikonische Bild, das auf Plakaten, die für die Besichtigung des Landes werben sollen, selten fehlt. Am Himmel über allem schwebt ein geflügeltes Eisenbahnrad, denn das Plakat wurde von der SBB in Auftrag gegeben. Das Plakat ist ein subtiler, charmanter und humorvoller Hinweis auf die kommerzielle Absicht der Illustration.

Informationen zum Künstler:
Hans Erni wurde 1909 in Luzern geboren, er war ein Schweizer Grafiker, Maler, Illustrator, Graveur und Bildhauer. Nach einer Lehre als Landvermesser und Zeichner besuchte Hans Erni 1927 ein Jahr lang die Kunstgewerbeschule in Luzern, danach studierte er an der Académie Julian in Paris. 1929 besuchte Erni die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin.  Ab 1930 lebte er abwechselnd in Paris und Luzern.

1936 trat Erni in den Vorstand des Schweizerischen Werkbundes ein und arbeitete mit Max Bill an einem Wandbildprojekt für die Mailänder Triennale. Ein Jahr später nahm er an der ersten Gruppenausstellung der Vereinigung moderner Schweizer Künstler, Allianz, in Zürich teil. 1938 beauftragte die Schweizerische Nationalbank Erni mit der Gestaltung einer neuen Banknotenserie und 1939 wurde sein Wandbild «Ferienland des Volkes» für die Landesausstellung in Zürich in Auftrag gegeben und gezeigt. 1945 entwarf Erni ein Plakat für die Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion, das kurz nach dem Druck vom Bundesrat wegen angeblicher «Propaganda für eine kriegführende Macht» verboten wurde. Politisch diffamiert, erhielt er bis in die 1960er Jahre keine offiziellen Schweizer Aufträge mehr. Zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2009 ehrte ihn das Kunstmuseum Luzern mit einer umfassenden Retrospektive.

Ernis Plakatschaffen umfasst über 300 Werke. In den vom Bund ausgeschriebenen Wettbewerben für das beste Schweizer Plakat des Jahres erhielt Erni über einen Zeitraum von mehr als fünfzig Jahren zahlreiche Auszeichnungen.

Poster 40: Tennis Tourist Center

1940
Künstler: Pierre Gauchat (CH, 1902-1956)
Titel: Macht Ferien; Schafft Arbeit
Im Auftrag von: Schweizerische Verkehrszentrale (SVZ), Zürich
Druck: Graphische Anstalt J. E. Wolfensberger AG, Zürich
128 × 91 cm

Dieses Plakat war der Gewinner eines weiteren von der SVZ initiierten Wettbewerbs, der sich wiederum auf die «Bergoffensive» von Bundesrat Enrico Celio bezog. Sein Plädoyer lautet: «Macht Ferien! Schafft Arbeit!» Der Gepäckträger auf dem Bild steht für die Schweiz und impliziert, dass man mit Ferien in der Heimat Arbeit schaffen würde.

Die Illustration unterscheidet sich von Herbert Leupins Appell an die Bevölkerung aus den 1940er Jahren, da in diesem Entwurf der Aufkleber des Koffers die Information enthält: «Neu! Schweizer Ferien-Abonnement», was darauf hinweist, dass sich die Regierung bewusst war, dass viele Menschen finanzielle Hilfe benötigen würden, um dies zu verwirklichen.

Die Gestaltung und Farbgebung des Plakats ist einzigartig und wirkungsvoll, denn Gauchat verstand es, den Stil seiner Aufträge auf die Bedürfnisse seiner Kunden abzustimmen.

Informationen zum Künstler:
Pierre Gauchat wurde 1902 als Sohn eines Dozenten aus Neuenburg geboren, der an der Universität Zürich lehrte. Zwischen 1916 und 1920 besuchte er die Kunstgewerbeschule, wo Fritz Helmuth Ehmcke die Grafikklasse leitete. Im Sommer 1922 wechselte Gauchat zu Ehmcke als Student an die Kunstgewerbeschule in München. Ab 1924 arbeitete Gauchat in seinem eigenen Atelier in Küsnacht als freischaffender Grafiker und Maler. Zwischen 1925 und 1943 war er Lehrer für Freihandzeichnen an der Kantonsschule Zürich.

Er illustrierte Bücher, gestaltete Plakate und Briefmarken (zum 25-jähr Jubiläum der Swissair), Banknoten und Bühnenbilder. Die Schweizer Banknoten der fünften Serie von CHF 50 bis CHF 1'000 wurden von ihm gestaltet. Gauchat war im Vorstand des Schweizerischen Werkbundes und des Verbandes der Schweizer Grafiker. Sein internationales Renommee wird durch seine Teilnahme an der Ausstellung «Travel posters» im Museum of Modern Art in New York im Jahr 1957 bestätigt.